Urgh! (Das Magazin Für Musikfreaks & Vinylfetischisten) 03-91 (Leipzig)
1992
Mein Vorleben als Musiker, eher
Musik-Macher, hatte leider nicht zu ausreichend kreativem Selbstbewusstsein
geführt. Ab 1982 (da war ich 16) betrieb ich mit Schulfreunden die D.I.Y.
Proberaum-Band "0815". Mit dem Abstand der Jahrzehnte betrachtet
handelte es sich dabei um sowas wie Emo-Punkrock, textlich auf jeden Fall,
musikalisch aber eher wegen der als beschämend empfundenen limitierten
Kompositions- und Instrumenten-Kompetenz. Eine "richtige" Punkband
hatte keiner von uns bis dahin gesehen oder gehört! Bis Ende 1984 schwangen wir
uns mit fleißigem Proben auf unseren persönlich erreichbaren "Olymp"
hinauf, der in einem glücklicherweise dokumentierten Wohnzimmerkonzert und
einigen wenigen "Rehearsals" bestand. 35 Jahre später fanden diese
ihre finale Bestimmung im Umfeld des "Heldenstadt Anders" Samplers
& Festivals. Aber das soll hier nur Nebensache bleiben.
Unsere "Bäänd" fiel
jedenfalls nach jenem Konzert im Verlauf weiterer eineinhalb Jahre durch ebenso über ambitioniertes wie zielloses Weiter-Herumprobieren langsam aber sicher
auseinander. Kurioserweise hätten mir aber ausgerechnet die
Konzert-Erfahrungen, die ich ab 1985 im Leipziger "Untergrund"
gewann, den Beweis liefern können, dass wir mit "0815" eigentlich auf
dem richtigen Weg waren. Schon davor, ab 1980/81 schnupperte ich begierig die
Live-Atmosphäre bei den derzeit üblichen Ostrock-Formationen wie
"Silly", "Puhdys", "Berluc" oder
"Reform", die mich trotz dröger Staatskonformität mit dem Rausch des
Live-Rock infizierten. Ab 1985 setzte ausgerechnet meine Lehre als
Offsetdrucker in Leipzig neue Akzente: in meinem Lehrbetrieb arbeiteten nicht
nur mehrere deutlich als solche erkennbare Punk-Fans, sondern auch Jungmusiker
u.a. von den schon aktiven oder später gegründeten Bands wie "Khaki",
"Victim", "Kulturwille" und vor allem den ab Ende 1985 so
neu benannten "Die Art". Deren Sänger Makarios wurde mein
freundlicher Punk-Mentor und versorgte mich, neben Infos zu für mich
aufregenden "neuen" Bands wie "The Damned", "New
Order" oder "Joy Division", auch mit regelmäßig mundzumund
propagierten Konzert-Tipps. Nach den ersten unsicheren Hingeh-Versuchen wurde
ich rasch Stammgast in zwielichtigen Etablissements wie dem Eiskeller, später
der Moritzbastei, dem "Sack", den zweckentfremdeten Kinosälen in
Connewitz, Reudnitz und Böhlitz-Ehrenberg usw. Als mich ein anderer Mitlehrling
& Freund 1986 auf das seinerzeit kaum glaubliche Programm des PAROCKTIKUM
im DDR-Radio aufmerksam machte, waren meine musikalischen Koordinaten für die
folgenden Jahre gesetzt. Auf Livekonzert folgte Radiohören folgte Mitschneiden
folgte Livekonzert folgte ... alles zur Kompensation meines durchaus
anstrengenden Berufslebens im Dreischichtsystem. Ab 1987 reiste ich auch in
andere Städte zu Konzerten, Kampftrinken mit Gleichgesinnten inklusive, manche
jahrzehntelange Freundschaft begann in dieser Zeit (Freundin hatte ich da
übrigens keine ...).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen